IAA 2015
Große Aufbruchstimmung, eine Vision bis zur Serienreife getrieben und dies alles großartig mit einer eigenständigen Designsprache präsentiert. Das war der Auftritt von BMW bei der letzten IAA. BMW wurde 2013 hauptsächlich vom i3 & i8 repräsentiert. Dieses Jahr ist Ernüchterung eingetreten. Ein solider Auftritt mit einem starken BMW 7er der vieles zur Serienreife gebracht hat, was bei anderen noch Vision ist.
Einzig Mercedes wirkte nicht nur wie ein gut sortiertes Autohaus, sondern feuerte in Endlosschleife eine Augmented Reality Show ab. Mit dem Mercedes-Benz „Concept IAA“ ließ sich zudem durch transformierende Karosserie und Felgen ein bisschen Zukunft bestaunen.
Spannendster Trend
Die Zeiten in denen nur mit Hupe, Lichthupe und ausgestrecktem Mittelfinger aus dem Auto heraus kommuniziert wurde scheinen vorbei. In Zukunft wird die Umgebung als Kommunikationsmedium durch Projektion mit eingebunden. Mercedes stellte in Las Vegas mit dem F015 eine autonomes Auto vor, welches einen Zebrastreifen für die Fußgänger projizieret.
Deutlich weiter und in Serie ist BMW mit dem 7er. Hier wird beim Ein- und Aussteigen der Weg zur Türe beleuchtet.
Ganz neu ist die Idee die Umgebung als Projektionsfläche zu nutzen allerdings nicht.
Das am meisten unterschätzte Objekt im Auto
Der Sitz, im besten Fall bequem verstellbar und mit Massagefunktion. Weit gefehlt. Die Sensoren im Sitz der Firma „Faurecia“ erkennen die Atmung, den Herzrhymus und biometrische Daten der Insassen. Falls der Fahrer einschläft, wird der Spurassistent aktiviert und der Fahrer durch Massage geweckt. Kommt es zum Unfall, so wird der Airbag darauf abgestimmt ob ein Kind, eine Frau oder ein Mann involviert ist. Setzt das Herz nach dem Unfall aus, kann dies sofort an die gerufenen Rettungskräfte übermittelt werden.
Interessanteste Materialverarbeitung
Das Interieur wurde mit einem ein Millimeter dicken Schieferstein verkleidet. Ob dies aus Gewichtsgründen sinnvoll ist, darüber lässt sich streiten, aber für andere Anwendungsfelder sicher sehr interessant. Zudem ist die Steinschicht so dünn, dass zum Beispiel LEDs von der Rückseite durchstrahlen können und es somit für Interfaces verwendet werden kann.
Alter Hut in Serie
Interaktion mit Gesten ist keine neue Erscheinung. Mit Hilfe der Kinect kann seit Jahren jeder relativ einfach Prototypen bauen. Daher ist es nicht nachvollziehbar, warum die gezeigten Prototypen teils eher studentischen Testcharakter hatten. Der Prototyp von VW war genau so wenig überzeugend wie der von Hyundai oder preh.
Auch Porsche zeigte in ihrem Conceptcar wie Gestern in Zukunft eingesetzt werden sollen.
Deutlich weiter ist BMW mit dem 7er. Wie vieles, was bei der Konkurrenz nur Konzeptstatus erreicht, sieht man beim 7er in Serie. Das reicht vom Schlüssel mit Touchdisplay bis zur Gestensteuerung. Mehr als jede andere Interaktion müssen Gesten noch gelernt werden. Welche Geste wird für was, wo und wie im Fahrzeug angewendet? Nicht einfach und schon gar nicht intuitiv. Daher machen Gesten zur jetzigen Zeit nur in speziellen Anwendungsfällen Sinn.
Bei BMW findet eine Geste zum Beispiel Einsatz, um die Lautstärke zu verstellen. Dies geht zwar genau so gut über die Buttons am Lenkrad oder den Drehregler, aber als vierte Option neben Sprachsteuerung nun halt auch per Geste.
Drehregler hat jeder. Gesten funktionieren noch nicht durchgängig. Lasst uns ein Touchpad bauen.
Vom unscheinbaren Element auf Drehreglern emanzipiert sich das Touchpad langsam als eigenständiges Eingabeelement im Auto. Es sind zwei Trends zu erkennen. Das Touchpad bekommt Erhebungen zur besseren Orientierung und Force Feedback. Beide Trends spiegeln sich im Konzept für Hyundai Vision G Coupé wunderbar wieder. Hyundai beschreibt ihr neues Touchpad wie folgt: “The ‘Remote Wheel’ is an ergonomically designed semi-sphere haptic touchpad installed in the center console. It offers intuitive touch and gesture interaction and responds to a simple wave of the hand, minimising driver distraction”.
Ohne Force Feedback, aber zusätzlich mit Drehregler geht Audi ins Rennen. Es ist allerdings nicht sofort erkennbar, bei welcher Eingabe welches Eingabeelement genutzt werden soll.
Interessant ist hingegen wie sich das MIT & Audi die Zukunft vorstellt, wenn alles smart und somit individuell programmierbar ist.
Das interessanteste und das am radikalsten umgesetzte Touchpad hat Lexus serienmäßig verbaut. Auch dieses Touchpad gibt Force Feedback. Für einige Anwendungsfälle funktioniert es perfekt. Allerdings ist es eine Katastrophe, sobald mit dem Touchpad ein Cursor gesteuert werden soll.
Auf Force Feedback trifft man bei jedem dritten Messestand. Allerdings suggeriert kein Feedback so exakt einen Tastendruck, wie dies Apple mit dem MacBook gelingt.
Das Kombiinstrument. Weniger Analog, größer und in Zukunft gebogen.
Das interessanteste Kombiinstrument gab es bei DS Automobiles zu bestaunen. Bestehend aus einem Head-Up-Display und zwei hintereinander gestaffelten Screens. Der vordere Screen ist transparent und ergänzt inhaltlich den dahinter liegenden Screen.
Nicht weniger radikal ist diese Rückprojektion
Continental zeigte mit diesem Kombiinstrument, dass LEDs perfekt abgestimmt mit einem OLED Display eine kaum zu unterscheidende Einheit bilden.
BMW klebt hingegen Rundelemente auf das Kombiinstrument, um die Anmutung eines schnöden Screens zu kaschieren.
Ansonsten gilt, je mehr Screenfläche, desto besser.
Nissan kann zwar bei der Materialschlacht nicht mithalten, allerdings schafft man es kreativ die Nachteile auszugleichen.
Rear Seat Entertainment. Klobige Screens werden zu schmalen Android Tablets
Die bisher verbauten Screens haben die Anmutung von Röhrenfernsehern. Naheliegend wären schmale Tablets. Hier kann vor allem Audi mit einem Android-Tablet am Rücksitz punkten.
Halterung für das Audi-Android-Tablet
BMW macht im 7er auch mit dem Rear Seat Entertainment einiges richtig. Das Tablet ist zwar kleiner und zwischen den beiden Rücksitzen angebracht, läuft aber auch wie bei Audi mit Android. Die Screens am Rücksitz haben allerdings noch Luft nach oben.
Die restlichen Rear Seat Entertainment Screens schienen eher ein bisschen aus der Zeit gefallen.
Highlights von Zulieferern und Startups
Besonders beeindruckt hat Neonode mit einer Erweiterung des Touchbereichs von Smartphones.
Nicht weniger gut ist die Idee, dass sich Buttons am Lenkrad in Handnähe positionieren.
Straßenlaternen werden in Zukunft nicht nur Leuchten, sondern als Stromquelle dienen und Parkplätze überwachen. Das Ladekabel der Zukunft wird den Strom selbst abrechnen, egal wo getankt wird.
Ansonsten hatte Continental gebogene Displays am Start und einige Beispiele für Force Touch im Angebot.
Interaktive Installationen
In der Vergangenheit hat sich ein IAA-Besuch schon allein wegen der Interaktiven Installationen gelohnt. Es ist leider ein Trend zu erkennen, dass hierfür immer weniger Aufwand betrieben wird. Bei Mercedes wurde mit Hilfe von Installationen noch am ehesten versucht die Technik zu erklären.
Wenn auch die Art der Installation nicht besonders neu war, konnte bei ZF damit doch sehr schön die sieben Stufen den autonomen Fahrens erklärt werden.